ARCHIV [2003]: dimensionen des geistes II

dimensionen des geistes ii

Dimensionen des Geistes II Psychophysikalische Wechselwirkungen und Bewusstseinsmodelle Teil II

Die Vorträge in Teil I dieser Reihe haben veranschaulicht, dass bei den physikalischen und psychologischen Beziehungen zwischen Bewusstsein und physischer Außenwelt subtile Effekte und Prozesse auftreten, die zuweilen die fundamentalsten wissenschaftlichen Auffassungen von Raum und Zeit zu verletzen scheinen. Auch traditionelle wissenschaftliche Methoden können diese Phänomene nicht erfassen.
Wir wenden uns jetzt jenen Fragen zu, die noch tiefer greifen: Welche Rolle kommt dem Bewusstsein bei der Konstruktion von Realität zu? Welchen Mechanismen unterliegt der Dialog zwischen Geist und Materie? Welche aktive Komponente hat die Rolle des Bewusstseins in der physikalischen Welt? Erfordert ein modernes Verständnis der Quantenphysik mehr als nur einen Realitätsbegriff?
D. Mundhenke

 

Freitag, 21. Februar 2003 Dr. med. Wolfgang Hasselbeck, Frankfurt a.M. Die Variabilität individueller Bewusstseinszustände und ihre Beschreibbarkeit in psychologischen und psychopathologischen BegriffenDer heutige Stand der Bewusstseinsforschung profitiert von den Beiträgen zahlreicher Fachdisziplinen. Unter anderem befassen sich Philosophen, Kulturwissenschaftler und Neurobiologen mit der Thematik und greifen dabei auf ein umfassendes Spezialwissen, komplexe Methoden und (insbesondere die Neurowissenschaftler) aufwändige technische Hilfsmittel zurück. Dass auch dem „Laien“ eine tiefgehende und ernsthafte Erforschung des (eigenen und fremden) Bewusstseins möglich und zugänglich ist, soll hier belegt werden. Zur Beschreibung individueller Bewusstseinszustände kann auf die Kategorien Wahrheitsgrad, Bewusstseinsfeld, Intensität, Bewusstseinszusammenhang (-integrität), Bewusstseinskontinuität, Bewusstseinsdynamik, Meinhaftigkeit (bzw. Personalität) und Bewusstseinsfokus zurückgegriffen werden, die als unterschiedliche Dimensionen des Bewusstseins zu jeder Zeit in ihrer jeweiligen Ausprägung alle relevant sind. Die Entwicklung eines Bewusstseins für den – in der Regel im Zeitverlauf ständig sich ändernden – eigenen Bewusstseinszustand ermöglicht Einsichten in die Abhängigkeit des Bewusstseinszustandes von äußeren Einflüssen und damit auch Möglichkeiten der Bewusstseinssteuerung, etwa durch Gewohnheit und Prägung, Willensstrebungen, Drogen und Genussmittel, Außenreize, körperliche und geistige Aktivitäten. Achtsamkeit für das eigene Bewusstsein, zu entwickeln etwa durch regelmäßige aktive Meditation, bietet damit nicht nur die Chance zur Selbsterkundung, sondern auch zur Überwindung belastender und potentiell krankhafter, psychopathologischer Bewusstseinskonstellationen.

Wolfgang Hasselbeck hat nach seiner Ausbildung zum Organisten Medizin an der Universität Frankfurt studiert. Er promovierte zum Thema „Sinndeutung als Strategie der Auseinandersetzung mit psychotischen Erlebnissen im Jugendalter“. Facharztweiterbildung am PKH Riedstadt und in der neurologischen Klinik Hephata, Schwalmstadt. Seit 1994 niedergelassener Psychiater mit eigener Praxis und sozialpsychiatrischem und gutachterlichem Tätigkeitsschwerpunkt. Seit über 20 Jahren Beschäftigung mit (neu-)platonischer Philosophie sowie mit Psychologie und deren historischer Weiterentwicklung bis in die Gegenwart, insbesondere im Kontext psychiatrischer Problemstellungen.

 

Freitag, 28. Februar 2003Dr. Ernst Senkowski, Diplomphysiker, Prof., FH i.R., MainzDer kreative Mensch als Teil des UniversumsIm ersten von drei Abschnitten werden die Begriffe Universum, Mensch und Kreativität etymologisch und semantisch betrachtet.
Der zweite Abschnitt ist dem Konstruktivismus gewidmet, in dem die Kreativität eine grundlegende Rolle spielt. In dieser Perspektive sind Subjekt und Objekt untrennbar miteinander verbunden. Unser Verhältnis zur Welt entspricht unserem Verhältnis zu einem Spiegel, der uns weder verrät, wie die Welt ist, noch wie sie nicht ist.
Der dritte Teil gilt Ken Wilbers‘ Vorstellungen über die Evolution des Bewusstseins, wie sie in „Eros – Kosmos – Logos“ niedergelegt sind. Hans-Peter Dürr kennzeichnet diese Bemühungen als den großartigen Versuch, der scheinbar fragmentierten Zufälligkeit eines Geschehens, das wir Universum, Wirklichkeit, Realität nennen, eine ganzheitliche Ordnungsstruktur zugrunde zu legen.

Ernst Senkowski wurde 1922 in Hamburg geboren, ab 1936 Kurzwellenamateur. Während des Zweiten Weltkrieges Einsatz in der militärischen Telekommunikation. 1946-54 Studium der Experimentalphysik, Universität Hamburg. Promotion 1958 an der Universität Mainz. 15 Monate UNESCO-Experte für Physik in Kairo. 1961-88 Dozent und Professor an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz.
Publikationen in Radio, TV, Presse. Sprecher auf nationalen und internationalen Konferenzen. Seit 1990 Vorsitzender der „Gesellschaft für Psychobiophysik e.V.“ und bis 2002 Mitherausgeber der Zeitschrift „TransKommunikation-Psychobiophysik und interdimensionale Kommunikationssysteme“.

 

Freitag, 7. März 2003Dr. Kai Hellbusch, DresdenJean Gebsers Konzeption der Bewusstseinsstrukturen – geistig-kulturelle Vorgaben der menschlichen WahrnehmungJean Gebser hat mit seiner Konzeption der Bewusstseinsstrukturen eine grundlegend neue Sichtweise der geistigen und kulturellen Entwicklung des Menschen erarbeitet. Diese vorzustellen und ihre Konsequenzen für die heutige Zeit anzudeuten ist der Sinn des Vortrags.
Gebser geht von einer Abfolge verschiedener Ausprägungen des Bewusstseins aus, die zu ihrer Zeit die menschliche Weltwahrnehmung jeweils grundlegend bestimmten. Schon hiermit untergräbt er das abendländische Vorurteil, dass es nur eine einzige wesentlich menschliche geistige Fähigkeit gäbe – das logische Denken. Durch die verschiedenen Bewusstseinsstrukturen stellen sich dem Menschen jeweils neue Wirklichkeiten dar, die Welt ist für jede Bewusstseinsstruktur eine andere. Gebser sieht in der bisherigen Geschichte vier Bewusstseinsstrukturen verwirklicht: die archaische, die magische, die mythische und die mentale. In unserer Zeit soll eine neue Struktur entstehen – das integrale Bewusstsein. (Gebsers Hauptwerk „Ursprung und Gegenwart“ ist 1950 erschienen, also lange bevor die Rede vom Integralen und von einem New Age irrationale Züge angenommen hat?) Neben der Erläuterung der bisherigen Bewusstseinsstrukturen, ihrer plötzlichen Entstehung (Gebser spricht von „Mutationen des Bewusstseins“), ihres Zusammenwirkens und ihrer besonderen Leistungen steht das neue integrale Bewusstsein im Zentrum des Vortrages. wo Ansätze für seine Verwirklichung zu entdecken sind, inwiefern es zum Verständnis unserer kulturgeschichtlichen Entwicklung beitragen kann und wie es zur Orientierung in der heutigen kulturellen Gemengelage verhilft. Schließlich wird noch ein kurzer Ausblick auf die vielen Forschungsmöglichkeiten gegeben, die sich auftun, wenn diese Konzeption ernstgenommen wird.

Kai Hellbuschstudierte Philosophie, Musikwissenschaft und Literaturgeschichte an den Universitäten Tübingen und Münster. 1998 Promotion an der TU Dresden mit einer Arbeit über Gebser. Z. Z. Mitarbeit am Aufbau einer philosophischen Lernwerkstatt in Pommritz.

 

Freitag, 14. März 2003Eberhard Bauer, Dipl.-Psychologe, FreiburgKontinuität des Bewusstseins? „Erinnerungen an frühere Leben“ als Thema der parapsychologischen ForschungSeit den interkulturell angelegten Fallstudien des Psychiaters Ian Stevenson (University of Virginia School of Medicine, Charlottesville, Virginia, USA) ist die empirische Seite sog. „Reinkarnationserfahrungen“ auch in den Blickwinkel der parapsychologischen Forschung gerückt: Es geht um Kinder und Jugendliche, die mehr oder weniger detailliert von spontan auftretenden „Rückerinnerungen“ an frühere Leben („past life memory cases“) berichten, und um das methodische Problem, wie sich solche Aussagen empirisch überprüfen oder verifizieren lassen. Der Vortrag gibt einen Überblick über die interkulturellen und kulturspezifischen Merkmale der einschlägigen Forschungen und diskutiert Reichweite und Grenzen der „Psycho-kulturellen Phantasiehypothese“ im Vergleich zur Reinkarnationshypothese.

Eberhard Bauer, Studium der Geschichte, Philosophie und Psychologie, Diplompsychologe, langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abteilungsleiter am Freiburger „Institut für Grenzgebiete der Psychologie“

 

Freitag, 21. März 2003Prof. Dr. rer.nat. Dr. med. habil. Wilfried Kuhn, SchweinfurtGott, Gehirn und Bewußtsein: Neurobiologische Grundlagen religiöser ErfahrungenReligiöse und spirituelle Erfahrungen sind seit Jahrtausenden Bestandteil der Menschheitsgeschichte. Durch verschiedene im Laufe der Zeit entwickelte Techniken und Methoden, wie z.B. Gebet, Meditation, Kontemplation, Yoga, Qi Gong etc., können spirituelle Zustände erzeugt werden, die in Inhalt und Struktur Ähnlichkeiten aufweisen, sich z.T.. jedoch auch unterscheiden. Die neurobiologische Hypothese postuliert deshalb eine Aktivierung unterschiedlicher Hirnregionen während dieser Erfahrungszustände. Obwohl mittels elektrophysischer Methoden (z.B. EEG, Brainmapping) in den letzten zwei Jahrzehnten diverse Anstrengungen zur Verifizierung dieser Hypothese unternommen wurden, waren die Ergebnisse bisher wenig zufriedenstellend und z.T. widersprüchlich. Seit einigen Jahren stehen nun neue Techniken zur Erforschung unterschiedlicher Bewusstseinszustände des Gehirns, wie z.B. PET, SPECT oder funktionelle NMR, zur Verfügung. Insbesondere die Arbeitsgruppe von Newberg an der Universität von Pennsylvania hat in den letzten Jahren verschiedene Untersuchungen über religiöse Zustände mittels dieser Techniken durchgeführt. So konnte z.B. mittels SPECT bei einem Praktizierenden der tibetischen Meditation in einer speziellen Region des oberen Parietallappens, dem „Orientierungs- und Assoziationsareal“, eine Veränderung nachgewiesen werden, die für eine Blockierung des sensorischen Inputs in dieser Region während intensiver Meditation spricht. Dies könnte bedeuten, dass das Gehirn dadurch daran gehindert wird, zwischen Selbst und Nicht-Selbst zu unterscheiden. Andere religiöse Erfahrungen führen nach den Untersuchungen von Newberg zu Aktivierungen anderer Hirnregionen.
Diese Arbeiten, aber auch die Studien anderer Arbeitsgruppen, haben eine neue Perspektive in der Erforschung spiritueller Erfahrungen eröffnet und werden neuerdings unter dem Begriff „Neurotheologie“ diskutiert. Inwieweit dadurch neue Erkenntnisse über die wahre Natur der spirituellen Erfahrung gewonnen werden können, soll im Rahmen dieses Vortrags diskutiert werden.

Wilfried Kuhn wurde 1952 in Würzburg geboren. Erststudium im Fach Chemie mit Abschluss der naturwissenschaftlichen Doktorarbeit. Dann Studium der Medizin an der Universität Würzburg, nach dem Staatsexamen Facharztausbildung in Neurologie und Psychiatrie. 1989 Habilitation für das Fach Neurologie an der Universität Würzburg, apl. Professor der Ruhr-Universität Bochum, heute Chefarzt der Neurologischen Klinik im Leopoldina-Krankenhaus, Schweinfurt.
Seit ca. 20 Jahren Beschäftigung mit Grenzerfahrungen zwischen Spiritualität und Wissenschaft.

 

 

Freitag, 28. März 2003Dagmar Mundhenke, NidderauDas 4. Bewusstsein: die Psycho-Energie (Kundalini) als Transformator des Geistes
zur Erlangung eines höheren Bewusstseinszustandes
Die sogenannte „Kundalinikraft“ im indischen Yoga hat als anthropologische Konstante zahlreiche Parallelen im Westen.
Die Funktionsweise dieser Bio-Energie mit dem Ziel der Substanzumwandlung wird aufgrund der umfassenden Forschungen Mircea Eliades beschrieben. Es werden die Gefahren dieses Prozesses thematisiert und Sinn und Ziel desselben erläutert. Abschließend werden die neuesten Erkenntnisse aus der Biofeedback-Forschung vorgestellt.
Die indischen Lehren sprechen von dem erreichten Zustand als dem 4. Bewusstseinszustand „Samadhi“, was „beruhigter Geist“ heißt. Sie machen ihn als grundsätzlich verschieden von anderen Zuständen des Bewusstseins aus, wie sie uns normalerweise bekannt sind: den drei Hauptzuständen Wachsein, Träumen und Tiefschlaf. Im wachen Zustand nehmen wir die Welt über die Sinne wahr. Beim Träumen geht es um von der Vorstellung erzeugte Welten. Im Tiefschlaf ist das Bewusstsein ganz ausgeschaltet, da existiert weder eine äußere noch eine innere Welt. Im Samadhi ist das Bewusstsein vorhanden, man ist hellwach, aber das Gewahrsein bezieht sich auf keinerlei Objekt. Es ist das reine Bewusstsein – das Bewusstsein im Zustand vor dem Aufnehmen der unterschiedlichsten Formen und Merkmale der bestimmten Erfahrung.

Dagmar Mundhenke hat Psychologie, Philosophie und vergleichende Religionswissenschaft studiert. Konzentration auf die komplexe Tiefenpsychologie C.G. Jungs und auf das Fachgebiet der Neuropsychologie am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt a. M. Interessenschwerpunkte: außergewöhnliche Bewusstseinszustände, Bewusstseinsentwicklungen und die Erforschung von Körperenergien.

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