ARCHIV 2002 Gefühl

REIHE: DIMENSIONEN DES GEFÜHLSIn der Vortragsreihe Dimensionen des Gefühls werden die Phänomene »Gefühl«, »Emotion«, »Affekt« und »Stimmung« von verschiedenen Seiten betrachtet: zur Einführung aus der Sicht der gegenwärtigen theoretischen und empirischen motionspsychologischen Forschung, zur Weiterführung aus philosophischer Sicht, vornehmlich bezogen auf Ästhetik, Moral und Affektbewältigung. Dargestellt werden Ausdruck und Analyse ausgewählter Gefühle in der Literatur, der bildenden Kunst und der Musik. Über ein herausragendes menschliches Gefühl – das der Angst – wird gleichfalls referiert und diskutiert.

Emotionen in psychologischer Sicht
Prof. Dr. Ingrid M. Deusinger, FrankfurtDer Begriff »Emotion« und verwandte Begriffe wie »Gefühl«, »Affekt«, »Stimmung« werden einleitend – unter Bezug auf die gegenwärtige theoretische und empirische emotionspsychologische Forschung – skizziert. Ergänzend werden Beispiele aus der Geschichte der Emotionsforschung angeführt.
Zur Bedeutung ästhetischer Gefühle
Prof. Dr. Brigitte Scheer, Frankfurt

Welche spezifische Rolle spielen ästhetische Gefühle innerhalb unseres vielfältigen Gefühlslebens? Lässt sich ein evolutionärer Sinn ästhetischer Gefühle ausmachen? Sind die »klassischen« Gefühlsqualitäten des Schönen und des Erhabenen auch heute noch geeignet, ästhetische Erlebnisse in der Natur und mit den Künsten zu charakterisieren?
Körpergefühl und »Blut« in der Kunst
Ursula Wöckel, Frankfurt

Fragen zur Ausstellung »Blut«, die Anfang 2002 in Frankfurt a. M. in der Kunsthalle Schirn und im MAK zu sehen war. Katalog ist im Buchhandel erhältlich.
Unser Zeitgenosse Marquis de Sade
Axel Matthes, München

Ist de Sades Universum modern? Hat unsere geschichtliche Wirklichkeit die Imagination des Schriftstellers de Sade eingeholt? Können wir heute de Sade gutheißen?
Vor 200 Jahren erstmals veröffentlicht, gilt de Sades Hauptwerk »Justine und Juliette« als die größte geistige Leistung der französischen Revolution. Sind wir Komplizen des Lustmenschen de Sade geworden?
Dr. Christoph Demmerling, Dresden:
Moralische Gefühle

Das Nachdenken über Moral wird häufig von dem Gedanken bestimmt, dass moralisches Urteilen und Handeln dort am besten gelingen, wo die Subjekte solcher Urteile und Handlungen von ihren Gefühlen absehen und ausschließlich Kriterien rationaler Art zur Anwendung bringen. Im Vortrag wird die Auffassung erläutert, dass Gefühle im Zusammenhang mit der Moral nicht ausschließlich einen Störfaktor darstellen, sondern als wichtige Voraussetzungen moralischen Urteilens und Handelns anzusehen sind.
Reinigung und Verwandlung. Affektbewältigung bei Aristoteles und Ovid
Dr. Wolfram Ette, Chemnitz

Es gehört zur Definition von Affekten, dass sie niemals ganz dem Menschen gehören. Sie »berühren« ihn, fassen und fallen ihn an. Die Literatur versucht, diese Sphäre zu bewältigen. Sie ist darin Abwehr und Medium zugleich: Literatur kann allein als Kompromiss zwischen den Extremen stattfinden. Aristoteles und Ovid formulieren beide die Bewältigung von Affekten als Aufgabe der Kunst: der griechische Philosoph unter dem Titel der »Reinigung«, der römische Schriftsteller unter dem der »Verwandlung«. Beide Konzepte sollen vorgestellt und erörtert werden.
Die Angstgesellschaft
Dr. Christian Schneider, Frankfurt

Angst kennt als zentraler Bestandteil unseres Lebens vielfältige Erscheinungsformen. Für den Einzelnen ist sie ein unverzichtbares Frühwarnsystem der Gefahrenerkennung. Sie ist ein Grundmodul zur Bewältigung der Realität – und kann sich zum pathologischen Zustand der Phobie steigern. Als Kollektivphänomen ist Angst der psychische Rohstoff des Politischen. Gerade in Zeiten der Krise und des Übergangs gilt, dass diejenige Politik Zustimmung findet, die es am besten versteht, die Ängste der Menschen aufzunehmen und zu moderieren. Derzeit erleben wir in Deutschland eine Renaissance des Angstdiskurses. Welche Gründe und Motive liegen dem zugrunde?
Ekel in der bildenden Kunst
Prof. Dr. Gernot Böhme, Darmstadt

Nach der klassischen ästhetischen Theorie ist der Ekel das einzige widrige Gefühl, das nicht kunstfähig ist. Wie kommt es, dass es im 20. Jahrhundert ein so breites Vordringen des Ekels in der Bildenden Kunst gibt? Provokation, Gesellschaftskritik oder ein weiterer Schritt in der menschlichen Selbsterkenntnis?
Gefühle in der Musik
Dr. Wolfgang Lessing, Dresden
Musik und Gehirn
Prof. Dr. Manfred Spitzer, Ulm

Buckelwale singen und mögen neue Songs, die Neandertaler spielten bereits vor 45 000 Jahren auf Knochenflöten: Musik ist ein konstitutives Moment erfahrener Wirklichkeit. Kann der Zusammenhang beider Phänomene aufgezeigt werden? Der Neurobiologe Prof. Dr. Manfred Spitzer, Leiter der Psychiatrischen Universität Ulm, weist nach, dass eine Naturwissenschaft der Musik vom Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk möglich und zugleich durchführbar ist.
Die Codierung eines Gefühls
Zu Niklas Luhmanns »Liebe als Passion«.
Dr. Hans Zitko, Frankfurt

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